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Verhllung Des Reichstags Essay Research Paper CHRISTO (стр. 2 из 2)

Anders als in Kalifornien geht es hier aber nicht um die blo? numerische Mehrheit von Stimmen in irgendeiner Versammlung, sondern um ein qualitatives Abw?gen der vorgetragenen Argumenten, um eine kritische Pr?fung der erhofften Resonanz.

Erst wenn die zu erwartenden ( und erw?nschten) kontroversen Debatten ab der substanziellen Punkten angelangt sind, kann die Realisierung des Projektes ihren optimalen Effekt erreichen. Dieser besteht nicht zuletzt darin, die Menschen f?r einen Augenblick wieder die historische und politische Situation zwischen Vergangenheit und Zukunft bewusst zu machen.

Im Sommer 1977 haben sich mehrere Repr?sentanten des Staates ?ffentlich zu Fragen der Kunst ge?u?ert: der Bundespr?sident [Walter Scheel] anl?sslich der 25. Ausstellung des K?nstlerbundes mit Gedanken zur Kunst, die ein Freiraum sei, in den der Staat nicht einzugreifen habe. Der Pr?sident des Bundestages (Karl Carstens) hatte kurz vorher in einer Stellungnahme zu dem Projekt Christos, den Reichstag in Berlin vorr?bergehend zu verh?llen, die Grenzen dieses Freiraumes der Kunst gezogen, die auch der Staat trotz seines institutionellen Liberalismus f?r n?tig h?lt: Sie bef?nden sich dort, wo? ein gro?er Teil der Mitb?rger? einem k?nstlerischen Projekt kein Verst?ndnis entgegenbringe, das einen Gegenstand von ?besonderer geschichtlicher Bedeutung? und von nationalem Symbolwert kurzfristig so verwandle, dass eine kontroverse Diskussion zu bef?rchten w?re.

Mit anderen Worten, der Freiraum der Kunst sieht dann weniger idyllisch aus, wenn ein K?nstler wie Christo das Gehege staatlicher Symbolik als eine k?nstlerische Bet?tigungsfeld ansieht. Da bleibt dann die Ansicht Walter Wallmanns, des CDU Oberb?rgermeisters von Frankfurt, auf einer Strecke, Politiker h?tten ?Freiraum f?r Kunst und K?nstler schaffen und nicht dar?ber zu befinden, was wertvolle und unwerte Kunst? sei. Kunst sei ?oft Provokation; ?rgernis, Protest gegen Konvention?. Bezieht man diese Aussage auf das Christoprojekt, dann scheint es eine Form von Provokation darzustellen, die die Schutzzone des k?nstlerischen Freitraumes verl?sst, ohne sich damit als k?nstlerische Veranstaltung zu disqualifizieren: Karl Carstens, der Christos Projekt nach gr?ndlicher Pr?fung als eine solche Grenz?berschreitung ansah, billigt ihm dennoch ?eine bedeutende k?nstlerische Wirkung? zu und verzichtet damit auf eine schlichte Form der Verteidigung: Christo der Scharlatan, der ?Lustigmacher und Zeitvertreiber? (Rudolf Borchardt).

Diese Kontroverse um ein k?nstlerisches Verhaben f?hrt zur Einsicht, dass der von Walter Scheel und Walter Wallmann geforderte Freiraum f?r Kunst und K?nstler so lange als demokratische Maxime funktioniert, als sich die K?nstler mit ?freier Selbstverwirklichung? zufrieden geben. Seit Christo musste mit der Neuentdeckung eines ?politischen Kunstst?cks? anderer Art gerechnet werden, als es der Bundeskanzler, Willy Brandt, auf seinem Bonner Sommerfest apostrophierte, mit einem Kunstst?ck, das uns das sehr deutsche Tabu politischer und nationalstaatlicher Symbolik blo?legt.

In der Diskussion um Christos Projekt sind die unterschiedlichen Standpunkte der Koalition und Opposition von gegenseitiger Toleranz getragen: Willy Brandt hat Verst?ndnis f?r die Sorge, Dietrich Stobbe ( damals Regierender B?rgermeister Berlins) Respekt vor der Entscheidung Karl Carstens?, alle drei sind von der ?bedeutenden k?nstlerischen Wirkung? der Reichstagsverh?llung ?berzeugt. Es steht also nicht die Frage zur Debatte, ob Christos Vorhaben ?wertvolle oder unwerte Kunst? darstelle, sondern es handelt sich um die Einsch?tzung der politischen Dimension solcher k?nstlerischen Wirkung, das hei?t, um die Frage, wie sich eine Mehrheit der Bev?lkerung zu dem provokanten Projekt verh?lt, eine Mehrheit, die schnell zu einer solchen von W?hlern werden.

Dies ist eine verst?ndliche ?berlegung gew?hlter Volksvertretern, zumal nicht der illegitime Anspruch von Mehrheitsbeschl?ssen ?ber den Kunstwert des Reichstagsprojektes zur Debatte steht, sondern nur die Frage eines Mehrheitsverh?ltnisses f?r die politische Implikation des Projekts. Carstens h?lt eine Kontroverse ?ber ?das Reichstagsgeb?ude mit seiner besonderen geschichtlichen Bedeutung und seinem Symbolcharakter f?r die fortbestehende Einheit der deutschen Nation? derzeit f?r ?abtr?glich?. Brandt dagegen meint sie sei ?hilfreich…, uns dem Symbolwert? des umstrittenen Gegenstandes zu vergegenw?rtigen, und auch Strobbe erhofft sich eher eine ?positive Provokation? und eine ?befreiende Diskussion?. Beide SPD- Politiker meinen, eine ?sicherlich z?gernden ?ffentlichkeit verst?ndlich machen?.

Aus diesem Diskussionsstand ergibt sich eine bemerkenswerte Folgerung: Christos Kunstst?ck fordert Politiker heraus, um dessen ?ffentliches Verst?ndnis, nicht um seine- von Christo ohnehin nicht verlangte- Finanzierung zu werben oder die Verantwortung f?r seine Verweigerung zu ?bernehmen und damit die Grenzen der eingangs zitierten Beteuerungen oder Freiheit der Kunst zu offenbaren. Es w?re einmal der Grund entzogen, mit Helmut Schmidt zu bedauern ?Kunst und Politik? h?tten ?viel zu wenig miteinander im Sinn?. Von Anfang an suchte Christo die ? community experience? und die ?tremendous political implications?, nicht nur um diese mit Seilen und Stoffbahnen l?cherlich zu machen, sondern um die Bev?lkerung selbst diese tempor?re Aktion des K?nstlers als Ermunterung zum Nachdenken begreifen zu lassen, als Aufforderung zum Tanz mit dunklen Begriffen und statischen Vorstellungen von nationaler Symbolik, geschichtlicher ?berlieferung und politischer Realit?t.

Ein solches ?ffentliches Interesse h?tte der Reichstag bitter n?tig. Er hat es in seiner kurzen Geschichte wohl nie ohne ?abtr?gliche Diskussionen? gehabt. Gewiss wird niemand bezweifeln wollen, dass es erf?llte Gottesdienste in h?sslichen Kirchen, gute Schulen, effiziente Krankenpflege, prompte Feuerwehr, in unsch?nen Baulichkeiten geben kann, aber bei diesen war immer der Vergleich mit besseren m?glich und die ideale Identit?t zwischen Funktion und Form in alter und neuer Zeit hundertfach gelungen. Doch es gab nur einen deutschen Reichstag, und fast alle Vergleiche mit ausl?ndischen Parlamentsh?usern fielen zu seinem Nachteil aus.

Das Ungen?gen an diesem Geb?ude, dieser sehr deutsche Zwiespalt zwischen gef?hlsm??iger Geltung, sichtbarer Gestalt, und geschichtlicher Bedeutung, mag die Aggressionen erkl?ren, die seine Au?enhaut zum Anlass nahmen, seine Organe zu denunzieren. Wenn man mit dem gro?en Weimarer Architekten Hugo H?ring den ? Bau einer politischen Gesellschaft ein Gestaltthema von gr??ter Bedeutung? nennt, ein Wort, das nichts von seiner Aktualit?t eingeb??t hat, dann kann man ermessen, welche Folgen, im Sinne verweigerter Identifikation oder nur Sympathie, die ?sthetische Verdammung des Baus von Paul Wallot haben m?sste.

Es war ja schon immer eine heikle Tradition einer spezifisch deutschen Kulturkritik, von Langbehn ?ber Moeller van den Bruck zu Sedlmeyr und Marcuse, aus der ?cultural despair? (Fritz Stern) ?ber k?nstlerische Manifestationen des Zeitgeistes die gleiche ?Verzweiflung? ?ber die nationalen und politischen Verh?ltnisse herzuleiten. War es nicht mehr als ein k?nstlerischer Ungl?cksfall, dass die Deutschen ihren ungeliebten Reichstag hatten, die Amerikaner aber ihr Capitol, die Engl?nder ihr House of Commons und sogar die ?sterreicher ein Parlament, das in den hauptst?dtischen Zusammenhang w?rdig verflochten war? Selbst die ungarische ?Nachahmung? des englischen Vorbildes pr?gt unvergesslich die Silhouette Budapests, w?hrend sich der Reichstag nur m?hsam mit dem Brandenburger Tor und m?rkischen F?hren des Tiergartens auf einer Postkarte zw?ngen lie?. Man vergleiche nur die politische Symbolkraft der N?he des schwedischen Parlaments zum k?niglichen Schloss, um das ganze Ausma? der Widerst?nde und ?ngste zu ermessen, die zur Entfernung des Reichstags aus der historischen Stadt, nahe dem Stammplatz der Zirkuszelte f?hrten und die ein kaiserliches Verdikt gegen eine dem Schloss zu souver?ne Kuppel provoziert haben soll. So war es ?kein Zufall, dass das Reichstagshaus in seiner st?dtebaulichen Anordnung gewisserma?en beiseite geschoben und in keinen Zusammenhang mit den Geb?udekomplexen, die die damalige Staatsmacht repr?sentierten, gebracht wurde? (Ludwig Hilberseimer) Diesem Umstand verdankt der Reichstag ja auch sein Gl?ck, sich immerhin zu 99 Prozent in Westberlin, dort allerdings nun v?llig am Rande, zu befinden.

In einem denkw?rdigen Wettbewerb, 1927/30, haben einige der f?hrenden Architekten der Weimarer Republik versucht, die neue Verfassungswirklichkeit seit 1919 in einer st?dtebaulich durchgreifenden und die Isolierung des Reichstages aufhebenden Umgestaltung des K?nigspalastes zum Platz der Republik, als *Dokument einer neuen politischen Willenssetzung*, zur Darstellung zu bringen. Bruno Taut schlug vor, den Reichstag, dauerhafter als Christo ?den Blick von au?en zu entziehen? und in eine modern-funktionelle Architektur einzuh?llen. Karl Wach wollte den Bau ?in eine gr??ere Kiste stellen, immerhin so, dass das Gesicht des alten Baues… mit den Z?hnen fletschen darf? (Ministerialdirektor Kie?ling).

Glaubt man im Ernst, dass das auch von Skeptikern vorhergesagte ?sthetische Vergn?gen kurzen, aber immensen Ausma?es, das Christos Projekt einer Reichstagverh?llung verspr?che, den nagenden Schaden vermehrte, der dem deutschen Parlamentarismus dauernd zugef?gt wurde, indem man ihn an einem als abscheulich empfundenen, ja hassenswerten Orte stattfinden lie?? ? Wenn man ein Bauwerk hassen kann, so habe ich dieses mehr und mehr hassen gelernt…ich bin ?berzeugt, dass die Reizbarkeit der Abgeordneten, die sich in so vielen Verhandlungen unvorteilhaft zeigte, eine wesentliche Ursache in den Unnatur des Reichstagsgeb?ude hatte? (Gustav Radbruch, Justizminister 1920-24). W?re es nicht des Versuches wert, diese ?Unnatur? des Reichstages durch eine kurzfristige Variation in die Sch?nheit flatternden Segeltuches in der Berliner Luft zu verwandeln? K?me hier nicht ein Urbed?rfnis des Menschen zur Geltung, die schwindende Bedeutung der alternden Kulissen seiner Umwelt durch verh?llende Verwandlung auf ihre ?Wahrheit? zu befragen? W?re solche tempor?re Verh?llung nicht humaner als die einzig andere Methode, sich von ungeliebten, querliegenden und funktionslosen Bauten zu befreien- der Abriss? Nur ungl?ubig kann man heute auf die Pl?doyers von Kunstschriftstellern, Architekturkritikern, Architekten, Werkbundmitgliedern u.a., ja auch auf einen seinerseits breiten Konsens f?r den Abriss des Reichstages in den f?nfziger Jahren zur?ckblicken, und nicht wenige erinnern sich noch an der jetzigen ?de seiner Wiederherstellung der Explosions-Blitze mehrfacher Sprengladungen, um die besch?digte Kuppel des Plenarsaales niederzulegen.

Diejenigen Mitb?rger, die sich auch trotz ?einer gutvorbereiteten Diskussion?(Strobbe) ?ber Verpacker, Verpackung und deren Publizisten gr?ndlich ?rgern w?rden, k?nnten sich dann mit den Einwickelfreunden gemeinsam freuen, wenn sich die Schn?re l?sen und die H?llen wieder fielen. Nach einer solchen Christo-Fermate in der Reichstaggeschichte, h?tte jeder seinen Reichstag wieder und viele lernten erst, dass sie einen haben und was sie an ihm haben.

Um das Projekt jedoch realisieren zu k?nnen, musste Christo 24 Jahre lang k?mpfen. Der Prozess um die Genehmigung zu bekommen war sehr kompliziert. 28 Meter der Ostfassade befanden sich als Christo anfragte auf dem Gebiet des sowjetischen Sektors, doch unterhalten wurde das Geb?ude von der westdeutschen Regierung. Es war fast so wie eine Berliner Au?enstelle des Bonner Parlaments. Deshalb wurden alle Ausgaben f?r den Reichstag nicht von der Stadt Berlin, sondern von Bonn getragen. Der Hausheer des Reichstags, also die Person, die juristisch f?r das Geb?ude verantwortlich war, war der Pr?sident des Bundestags in Bonn, des Parlaments der Bundesrepublik Deutschland. Protokollarisch nahm er in der politischen Struktur Westdeutschlands nach dem Bundespr?sidenten und dem Bundespr?sidenten den dritten Rang ein. Der Bundeskanzler steht erst an f?nfter Stelle. Der Bundespr?sident ist der einzige, der die entg?ltige Genehmigung erteilen kann, da sich der Reichstag ganz ?berwiegend auf Westberliner Gebiet befindet. Dies ist der sogenannte ?offizielle? Weg, doch da der Reichstag im britischen Milit?rssektor lag, konnte die westdeutsche Regierung nicht umhin, die Briten um ihre Meinung zu fragen, die sich wiederum automatisch mit den Franzosen und den Amerikanern absprachen. Da sich die Ostfassade des Geb?udes auf der Ostberliner Territorium befand, mussten die Briten, Amerikaner und Franzosen die Angelegenheit mit der sowjetischen Armeef?hrung in Ostberlin er?rtern, und daraufhin mussten die Sowjets sich wiederum mit der ostdeutschen Regierung absprechen, die in Ostberlin ihren Sitz hatte. Als die Sache schwierig wurde, wandte sich Christo sogar nach Washington, um um Hilfe zu bitten. Daraus wurde aber nicht viel und im Sommer 1977 wurde das Projekt zum ersten Mal offiziell abgelehnt. Nachdem sich Christo auch woanders keine Unterst?tzung bekam, musste er erkennen, dass keine Hilfe zu erwarten war. Nach weiteren 18 Jahren gelang es Christo endlich, sein Werk durchzubringen, und den Reichstag zu verh?llen. Am 35.2.1994 wurde im deutschen Bundestag abgestimmt, ob man dem K?nstler die Genehmigung geben sollte oder nicht. 292 Stimmen waren f?r das Projekt und 223 waren gegen Christos Vorhaben. Am 24.1.1995 war es endlich soweit. Christo verh?llte den Reichstag mit Hilfe von 90 professionellen Kletterer und 120 anderen Gehilfen. Es wurde bereits ein Jahr davor in zehn verschiedenen deutschen Fabriken die ben?tigten Materialien hergestellt und fabriziert. Es wurden 100 000 cm? Stoff und 15 600 Meter Seil ben?tigt. Vierzehn Tage lang blieb der Reichstag komplett verh?llt. Mit dieser Verh?llung wurde der Traum Chistos endlich erf?llt und er kann stolz darauf sein, so ein Werk geschaffen zu haben und nie aufgegeben zu haben.