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Ivan Turgenev "Otcy i deti". Bazarow als Hauptfigur des Romans (стр. 4 из 6)

Etwas überraschend und sogar unlogisch nach dem Gesagten erschien das Benehmen von Bazarow in der Situation, als er derselben „мужик“, gegen dem er eine scharfe Aussage warf, heilte. Gesteuert von seiner Berufung als Arzt, kam Bazarow immer allen Bedürftigen zu Hilfe (mehrmals behandelte er Mitja und sogar seinen Feind - Pavel Petrovič). An dieser Stelle schrieb Turgenev wohl seinem Helden die Charakterzüge zu, die nichtadelige Demokraten dieser Zeit nicht besaßen.

Die allgemein skeptische Denkweise von Bazarow über das russische Volk kann auch durch seine Reaktion auf die mehrjährige Idealisierung des Volkes von der Seite der Slawophilen bedingt sein. Die liberalen Slawophilen „рядили русского мужика в верноподданический кафтан“ und bildeten „патриархальныеидилии“ um ihn. In diesem Fall betrachtete Pavel Petrovič die Patriarchalität des Volkes als sein Vorteil und lag damit der slawophilischen Idealisierung von allem Verknöcherten und Zurückgebliebenen des Volkes sehr nah. Bazarow bestritt die allgemeine Rückständigkeit des Volkes nicht, hielt sie aber für einen großen Nachteil. Er ging von Zeit zu Zeit ins Dorf und „подтрунивая, пообыкновению“ sprach mit irgendeinem Bauern. „В вас, говорят, вся сила и будущность России, от вас начнётся новая эпоха в истории…“ – dieseWortewarenvonTurgenevaus „Славянофильское учение“ entnommenworden. Mit einem höhnischen Spott sprach Bazarow sie aus. Aus diesen Gesprächen ist eine negative Ironie von Bazarows als auch von Turgenevs Seite zu slawophilischen Ansichten zu erkennen. Turgenev hielt sich für einen „заклятыйврагславянофильства“ und fand ihre Theorie „ложнойибесплодной“ – wie er selbst im Artikel „Поповоду „Отцовидетей“ schrieb.[16] Genauso wie sein Autor meinte Bazarow, dass „мужик“ noch ungebildet und unwissend sei und naiv an die Welt „натрёхрыбах“ glaube. Seiner Meinung nach sollte man das Volk erst „пробудитьипросвятить“, bevor man über seine Zukunft redete.

Bazarow und Naturwissenschaft

Eine interessante Äußerung Bazarows beschrieb Turgenev in einem Dialog von Bazarow mit Pavel Petrovič im 6. Kapitel. Mit Bazarows Worten äußerte Turgenev großen Schmerz und Bitterkeit über die allgemeine wissenschaftliche Zurückgebliebenheit des Volkes: „КуданамдоЛибиха! Сначала надо азбуке выучиться, а потом уже взяться за книгу, а то мы ещё аза в глаза не видали“. Um zu verstehen, dass damit mehr die allgemeine Volksaufklärung gemeint war, als der Wissenschaftler Liebig selbst, muss man auch dem Dialog Bazarows mit seinem Vater im 20. Kapitel Aufmerksamkeit schenken. Hier äußerte sich Bazarow sehr skeptisch in Bezug auf die Wissenschaftler Schenlein und Rademacher, die sein Vater seit Jahren verehrt hatte. Am Ende der Diskussion meinte Bazarow, dass er überhaupt niemandem vertraute: „Мытеперьвообщенадмедицинойсмеёмсяинепередкемнепреклоняемся. – Какжеэтотак? Ведь ты доктором хочешь быть? – Хочу, да одно другому не мешает.” Auf die Frage, wie man Arzt werden und die Heilkunde dabei auslachen kann, gibt es folgende Erklärung: die Medizin, die Bazarow lächerlich fand, basierte entweder auf einer mechanischen oder einer idealistischen Philosophie und unterschied sich nicht so sehr von „гаданиенакофейнойгуще“. Bazarow kritisierte diejenige Wissenschaft, die nicht auf wissenschaftlichen Experimenten begründet war und daher keine praktische Prüfung überstand. Im Gegenteil akzeptierte Bazarow nur die Medizin, die auf einer neuen, echten und praktisch-materialistischen Lehre basierte. Bazarows Experimente mit Fröschen, die ständig durch den Liberalen Pavel Petrovič verspottet wurden, war keine zufällige und künstliche Erfindung von Turgenev, sondern eine Zusammenfassung von konkreten Lebenstatsachen.

Die Naturwissenschaften in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts erlebten in Russland einen starken Entwicklungsaufstieg. Sie ergriffen alle Gesellschaftsschichten und wurden zu einem Muss des gebildeten Menschen. Sehr viele Schriftsteller der 60er Jahre wie Nik. Uspenski, V. Sleptsov, A. Levitov und M. Voronov waren studierte Mediziner und beschäftigten sich mit wissenschaftlichen Experimenten im Bereich der Anatomie. Es ist allbekannt, dass der Vater der russischen Physiologie, I. M. Sečenov, dessen Ansichten sich unter dem Einfluss von den russischen Naturwissenschaftlern formierten, seine bekannten Experimente ausgerechnet mit Fröschen durchführte. Seine Untersuchungen bewiesen, dass die Anatomierung von Fröschen, sowie alle andere praktischen Experimente ein unerlässlicher Bestandteil der eigenen wissenschaftlichen Forschung und der Selbstbildung ist. Nur die Leute, die zur russischen Wissenschaft feindselig und vertrauenslos waren, stellten die Wichtigkeit und Ernsthaftigkeit von Bazarows Experimenten in Frage.

Zusammenfassend ist es offensichtlich, dass Bazarow ein Experimentator war. Er kritisierte eine scholastische und vom Leben abgelenkte Wissenschaft genauso wie eine abstrakte, idealistische Philosophie. Bazarow stand auf der Seite der konkreten und handwerklichen Lehre und „простогоремесла“, die von dem einfachen Volk beherrscht werden konnten. In dieser Hinsicht trat er immer wieder als Aufklärer der Bevölkerung auf.

BazarowsAnsichtenaufdieKunst

IndemArtikel „По поводу „Отцов и детей“ schriebTurgenev: „…я исключил из круга его симпатий всё художественное“ und „должен был именно так нарисовать его фигуру“. Erbemerktedabei, dass „за исключением воззрения на художество, - я разделяю почти все его убеждения“. Aus dem Text des Romans folgt, dass Bazarow weder die Kunst an sich, noch ihre Ausprägungen akzeptierte, wie beispielsweise Poesie, Malerei und Musik. „Порядочныйхимиквдвадцатьразполезнеевсякогопоэта“, „Рафаэльгрошамедногонестоит“ – ähnliche Aussagen trifft man ziemlich oft in dem Text. Bazarow ironisierte und spottete über Nikolai Petrovič als er Cello spielte und Puškin zitierte und kommentierte es mit folgender Bemerkung: „иохотажебытьромантикомвнынешнеевремя!“ ImGesprächmitOdintsovaerklärteerihrganzehrlich: „Вы… не предполагаете во мне художественного смысла, - да во мне действительно его нет.“

MancheKritikerwieN. StrachovundM. KatkoverklärtendiesesPhänomendamit, dassBazaroweinesehrstrengePersonseinsollteund „просто боится разнеживающего и размагничивающего влияния искусства“. Sie meinten, dass Bazarow die Kunst unter dem Einfluss vom eigenen Asketismus verneinte und sich vor der Kraft der Versöhnung in der Kunst fürchtete.[17] Die zweite Hypothese von Bazarows Verneinung der Kunst drückt vor allem die sozialen Faktoren aus. Bazarow wollte nicht nur deswegen keine Kunst anerkennen, weil er in jeder Art der Kunst den Sieg von Phantasie über den menschlichen Willen und auch die allgemeine Lebensversöhnung sah, sondern auch, weil die Kunst in den 60er Jahren unberechtigt an die erste Stelle von Poeten und Kritikern gestellt wurde, also höher, als alltägliche bürgerliche Probleme und wichtige politische Fragen, die eigentlich zuerst gelöst werden sollten. Zu der Zeit, als der Roman veröffentlicht wurde, war die Triumphale Demonstration der Theoretiker „Искусстводляискусства“ bereits vorbei. An ihre Stelle kamen bürgerliche und publizistische Interessen der Gesellschaft. Auf den Seiten mehrerer Zeitschriften waren allerdings ständig Versuche unternommen worden, die Interessen der Jugend, die auf gesellschaftliche und politische Fragen gerichtet waren, auf ästhetische Fragen der „reinen Kunst“ umzuorientieren.

Die nichtadeligen Demokraten wie Černyševski waren der Meinung, dass besonders in der schwierigen Zeit von sozialen Konflikten die Kunst nicht an erster Stelle stehen sollte, da es mehrere Bereiche gab, die zu der Zeit wesentlich wichtiger waren. Wenn Bazarow sich negativ über Schubert oder Puškin äußerte, richtete er damit seine Kritik weniger auf die Künstler selbst, sondern auf ihre Rollen in der Lösung wichtiger Fragen der Gegenwart. In der Handschrift strich Turgenev den früher vorhandenen Dialog vom Pavel Petrovič und Bazarow weg, was den Grund von Bazarows Verneinung der Kunst vollkommen erklärte: „Коливытакстрогикпоэтам, тоужеразумеется, живописцам, музыкантамипрочимхудожникамотваспощадыждатьнечего? – Неопощадереч, явнихпользыневижу.“

An erster Stelle standen für Bazarow die Naturwissenschaften, nur sie konnten seiner Meinung nach die sozial-politische Situation in Russland verbessern. Die Lösung der maßgeblichen Probleme der 60er Jahre, wie die Befreiung der Bauern, die Entwicklung der Naturwissenschaften, die Volksaufklärung und die philosophische Ideologie der Bevölkerung, mussten zunächst innerhalb der Gesellschaft vollzogen werden. Bazarows Ausführungen, welche die Meinung mehrerer Vertreter der neuen Generation zusammenfassten, hatten folgende Aussage: die Kunst, die die Begeisterung für das Schöne an die erste Stelle setzte, lenkte die Gesellschaft von dem Angehen bedeutenderer Probleme ab und propagierte eine sorgenfreie panegyrische Lebenseinstellung. Bazarows Worte „Рафаэльгрошамедногонестоит“, hatten in diesem Fall folgende Bedeutung: wenn Rafael, den die Kunstanhänger so vergötterten, das Allerwichtigste im Leben sein sollte und alles andere, wie Probleme der Aufklärung und das Streben zur gesellschaftlichen Entwicklung, übersteigt, dann braucht man keinen Rafael. Es war eine typische Reaktion von einem Vertreter der neuen Generation auf den Versuch, die Kunst zu fetischisieren. Bazarows Worte beweisen seine opportunistische Lebenseinstellung und Zuneigung zur Nützlichkeitstheorie. Was sich allerdings nicht bestreiten lässt ist die Tatsache, dass ihm mehrere Kunstwerke bekannt waren: er zitierte auswendig aus „The Brige of Abydos“ von Byron, erwähnte die englische Schriftstellerin Radcliffe und einen romantischen Helden einer Ballade von Schiller – den Ritter Toggenburg.

Viele liberalen Ideologen wie P. Annenkov, A. Družinin, A. Tolstoi und A. Fet stellten die Kunst auf den ersten Platz. Turgenev hat ihre Ansichten überwiegend geteilt, was den Meinungsunterschied mit Bazarow in dieser Hinsicht belegte. Für Turgenev war die Kunst in den Jahren, als er „Väter und Söhne“ schrieb, sehr bedeutend und „сильнеесамойприроды“ – wie er es selber formulierte. Die Entwicklung von öffentlichem Gedankengut stellte sich Turgenev als Grund für einen möglichen Niedergang der Kunst vor. Diese Tatsache belegte auch die Meinung von mehreren studierten Naturwissenschaftlern der 60er Jahre: das Interesse für Kunst und für Ästhetik hielten sie für nicht mehr aktuell. Sie erkannten zwar die große Rolle der Schriftsteller und Maler in der Verbreitung der neuen öffentlichen Gedanken und in der Erziehung der neuen Weltanschauung an, waren aber überzeugt, dass die schöne Zeit der Romantik und der Kunst allgemein längst vorbei war. Von daher folgt die Replik von Bazarow im 9. Kapitel: „Иохотажебытьромантикомвнынешнеевремя!“ Büchners „Kraft und Stoff“ belegt ebenso folgende Ansicht: in seinem Werk schrieb er, dass in der Literatur „die Zeiten der Romantik“ endgültig vorbei sind. Auch die von den Romantikern verklärte Liebe hielt er im Grunde für einen „bloß physiologischen Vorgang“. Auch Büchners Meinung, dass „der Menschengeist ein Produkt des Stoffwechsels“ ist und „jedes lebendige Wesen vor allem ein „chemisches Laboratorium“ ist, so dass „Menschen- und Thierseele fundamental dasselbe“ sind[18] – entspricht der Meinung von Bazarow, der auch die Natur als „мастерская“ und alle Lebewesen als gleichaufgebaute Elemente betrachtete.

Aus der Analyse von Bazarows politischen, philosophischen, wissenschaftlichen und ästhetischen Ansichten und seiner Beziehung zum Volk lässt sich ableiten, dass sein Charakter sehr wichtige und typische Züge der Jugend der 60er Jahre wiederspiegelte und auch viele materialistische Ansichten der deutschen und russischen Nihilisten vertrat. Wie es oben schon erwähnt wurde, war im Laufe des Romans sein Charakter einer Evolution unterworfen. Das Prozess und die Folgen dieser Evolution werden im folgenden Abschnitt erläutert.

Evolution im Bazarows Charakter

Bis zum 14. Kapitel, im dem die Bekanntschaft Bazarow mit Odintsova stattfand, wirkte Bazarow als ein Mensch mit nüchternem und tiefem Verstand, der selbstbewusst, stolz und zielstrebig war, der weder Pessimismus noch Skepsis besaß und der einen starken Einfluss auf andere Menschen hatte. Bazarows Verhalten belegte auch seine Fähigkeit, anderen Menschen mit seinen Kenntnissen, Logik und Willen unter Druck zu setzen. Der Dialog mit Arkadi im 21. Kapitel beweist seine hohe Meinung über sich selbst und sein Selbstbewusstsein - (Arkadi): „A тынасебянадеешься? Ты высокого мнения о самом себе? – Когда я встречу человека, который не спасовал бы передо мною, тогда я изменю своё мнение о самом себе.“ Vom 14. bis 18. Kapitel entwickeln sich die Beziehungen zwischen Bazarow und Odincova. Der Autor zeigte, dass in Bazarows Verhalten langsam bestimmte Veränderungen heranreiften, die mit dem Kampf von Bazarow mit sich selbst verbunden waren: seine Lässigkeit und Frechheit im Umgang mit den Leuten sind verschwunden, sowie die Selbstbeherrschung. Im Gegenteil, die ihm immer fremde Verlegenheit und Scheu kamen in Odincovas Anwesenheit zum Vorschein. Im 17. KapitelerläutertederAutorselbstdieseVeränderungen: „В Базарове(…) стала проявляться небывалая прежде тревога: он легко раздражался, глядел сердито и не мог усидеть на месте, словно что его подмывало“. Die Beziehung zwischen Bazarow und Arkadi haben sich ebenso verändert: sie verbrachten weniger Zeit zusammen, Bazarow redete nicht mehr mit Arkadi über Odincova und kritisierte nicht mehr ihre „аристократическиезамашки“. DerGrundfüralldieseVeränderungenformulierteTurgenevfolgenderweise: „Настоящей причиной этой „новизны“ было чувство, внушенное Базарову Одинцовой, чувство, которое его мучило и бесило, и от которого он тотчас отказался бы с презрительным хохотом и цинической бранью, если бы кто-нибудь хотя отдалённо намекнул ему на возможность того, что в нём происходило.“ Bazarow – derleidenschaftlicherFeindvonRomantik „с негодованием осознавал романтика в самом себе“ undakzeptiertedenBegriff „красота“. An dieser Stelle führte Turgenev Bazarow zum schwersten Schicksalsschlag – er erlitt ein Fiasko in der Liebe. Dieser Zusammenbruch hatte schwere Konsequenzen für Bazarow: ab dem 18. Kapitel revidierte er seine radikalen Überzeugungen. Eine tiefe pessimistische Philosophie fing an ihn zu durchdringen. In seinen Äußerungen spürte man Traurigkeit und Verzweiflung: „Каждыйчеловекнаниточкевисит, безднаежеминутноподнимразверзнутьсяможет“. Sein Selbstbewusstsein verschwand, die Erbitterung und der vergebliche Wunsch, sich von der neugeborenen Romantik zu befreien, kam zum Vorschein. Bazarow gelang es nicht, wieder so zu sein, wie er vor der Bekanntschaft mit Odincova war. Er fühlte sich niedergeschlagen und verletzt bis zum Ende des Romans.